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D/A-Kicker verpasst 70 Pflichtspiele – Christian Rusch erlebt schmerzhafte Jahre

1. Herren
Foto: Daniel Berlin

Der 10. Mai 2024 ist für Christian Rusch ein wichtiges Datum. Der Fußball-Regionalligist SV Drochtersen/Assel empfängt zum letzten Heimspiel Kilia Kiel. Der 22-Jährige möchte im Kader stehen. Ein paar Minuten auf dem Rasen wären nicht schlecht. „Ich will zeigen, dass nicht alles umsonst war“, sagt Rusch.

Rusch meint, er habe bis zu diesem Tag im Mai genug Spiele verpasst. Etwa 70 werden es dann sein. Er hatte im Jahr 2022 gerade einen Vertrag über zwei Jahre bei den Drochtersern unterschrieben, da begann die Leidenszeit. Heute habe er für eine Vertragsverlängerung kaum Argumente. „Zur Not spiele ich für lau“, sagt Rusch.

Christian Rusch fasste die vergangenen beiden Jahre auf zwei Din-A4-Bögen zusammen. Für seine Erinnerung, damit nichts verloren geht. Die fett gedruckte Überschrift lautet „Verletzungshistorie“. Mit einer vermeintlichen Schulterprellung fing alles an.

Vier Operationen in zwei Jahren

Rusch kugelte sich nach einem Schubser eines Gegenspielers in einem Testspiel im Juni 2022 die rechte Schulter aus. Zwei Monate später sprang das linke Schultergelenk nach einem Bodycheck in einem Landesligaspiel mit D/A II aus der Pfanne. Nach Aufbautraining und Reha kugelte die rechte Schulter erneut aus. Nach vier Monaten Reha verabschiedete sich im ersten Training wieder die linke.Vier Operationen ließ Rusch über sich ergehen. Wenn er davon erzählt, klingt das wie ein Bericht nach einem Werkstattbesuch oder wie der Fachmonolog eines Orthopäden. Ein Kumpel aus der zweiten D/A-Mannschaft fragte Rusch mal um Rat, weil er selbst Schulterschmerzen hatte. Mannschaftskapitän Nico von der Reith nennt Rusch nur noch „Schulter“ und bei der Mallorca-Sommerfahrt gaben ihm die Kollegen den nur in Ansätzen isländisch klingenden Spitznamen „Schulteristrausson“.

Rusch besuchte 15 Ärzte in ganz Deutschland

Rusch schätzt, dass er 15 Ärzte besucht hat. Zuletzt war er an der Charité in Berlin. Die einen verstanden ihr Fach offenbar, andere waren ratlos oder überfordert. „Ich kann das Wort Spezialisten nicht mehr hören“, sagt Rusch. Fakt sei, dass er, Rusch, ohne die Hilfe des D/A-Mannschaftsarztes Rik van den Daele und des Physiotherapeuten Fran Ares Sanjurjo den Fußball abhaken könnte.

Die Ärzte operierten Sehnen aus seinem linken Knie, um sie in der Schulter wieder einzusetzen. Sie bohrten Löcher durch sein Schlüsselbein und sein Brustbein und stabilisierten das Gelenk mit einer Hakenplatte. Ein Chirurg soll sich sogar verbohrt haben. Ein Experte sägte ein Stück Schulterspitze ab und verschraubte die Knochen so, dass die Schulter nicht mehr auskugeln kann.

Mut fasste Rusch, als er in Köln und Berlin auf ausgewiesene Spezialisten traf. Alexander Lages doziert an der Kölner Sporthochschule, Doruk Akgün leitet die Schulterchirurgie an der Charité. Akgün sagte, so Rusch, dass er wieder Fußball spielen könne und dass er nie einen Patienten erlebt habe, der so kurz nach der OP so beweglich und so kräftig sei. Fast täglich arbeitet Rusch mit dem D/A-Physio gezielt im Fitnessstudio.

Kicker vermisst das Quatschen im Bus

Aufgeben war keine Option. „Ich wusste ja nie, wie lange es dauert“, sagt Rusch. Alle zwei, drei Monate war er zurück auf dem Platz, um dann wieder auszufallen. Zwischendurch fiel es ihm schwer, seinen Freunden aus der zweiten und dritten Mannschaft beim Kicken zuzusehen. Bei den Spielen der Ersten sitzt er meistens auf der Tribüne und sagt Hallo beim Training.

Aber Rusch vermisst ganz viel. „Es gibt nichts Schöneres, als mit den Jungs nach dem Spiel in der Kabine zu sitzen oder vier Stunden Bus zu fahren und nur dummes Zeug zu quatschen“, sagt Rusch. Er sieht die Mannschaftskollegen häufiger als seine Familie. Er will das alles wiederhaben. Und wenn es nichts wird, wenn die Schulter streikt, sei er ehrlich zu sich selbst und höre auf. Aber er wisse, dass er alles versucht hat.

Co-Trainer Lars Jagemann, der Rusch seit Jahren begleitet, sagt, er sei „eine Maschine auf dem Platz“, einer, der 100 Prozent gebe. Als der heutige Chefcoach Oliver Ioannou Rusch in der U17 kennenlernte, hielt er ihn für einen, der den Sprung schaffen könnte. „Er war damals schon außergewöhnlich.“

Andenken an die Leidenszeit hat Rusch genug. Vier Narben an der linken Schulter, vier an der rechten, eine am Knie. Zwei Schrauben im Gelenk, die bleiben werden. Rusch besitzt jetzt einen Implantatausweis. Den zückte er, als auf dem Londoner Flughafen der Metalldetektor piepte. Die Hakenplatte, die seine Schulter stabilisierte, hängt jetzt an seinem Autoschlüssel.


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