Skip to main content

Rufen Sie uns an 04141 95400 oder schreiben sie eine E-Mail

Endstation Drochtersen: D/A-Mittelstürmer baut sich im Norden berufliche Existenz auf

1. Herren
Foto: Jonas Rambow

Er hat neben Marco Reus und Dante Tore geschossen und saß im Auto von Nationalkeeper ter Stegen. Moritz Göttel war auf dem Weg in den Profifußball. Jetzt spielt er in Drochtersen und hat für die Zukunft einen ganz konkreten Plan.

Im Vorgarten des Grundstücks steht die Hühnervoliere auf dem Rasen. Moritz Göttel (31) hat seiner Frau Denise die Hennen zum Geburtstag geschenkt. Die Fußbälle von Sohn Marlon (5) liegen verstreut an einer Hecke, ein kleines Fußballtor steht neben der Auffahrt. Ein Kipplaster in Miniaturformat. Hier lebt eine Familie hinterm Deich in der Nähe von Stade, die sich eingerichtet hat, es gemütlich haben will, die Ruhe genießt und ihre Heimat gefunden hat.

Moritz Göttel hätte im vergangenen Sommer andere Optionen gehabt, als die Fußball-Regionalliga Nord bei der SV Drochtersen/Assel. Nach seiner 24-Tore-Saison bei Regionalliga-Absteiger VfV 06 Hildesheim war der Mann begehrt. Keiner erzielte mehr Tore als er. Mit dem Traditionsclub aus dem Osten, FC Carl Zeiss Jena, waren die Gespräche weit fortgeschritten. Der damalige Drittliga-Aufsteiger VfB Lübeck zeigte Interesse. Alemannia Aachen auch.

„Mit Jena war ich ziemlich weit. Aber ich wusste, es wird nicht für immer sein“, sagt Göttel heute. Göttel wollte was für immer. Jedenfalls geografisch. „Hier ist Lebensqualität. Wir passen hierher“, sagt er. Wichtig sei es gewesen, die beste Entscheidung für die Familie zu treffen.

Vertrag bei D/A bis Sommer 2026

Ob Moritz Göttel bis zum Ende seiner Laufbahn als ambitionierter Fußballer bei D/A spielen wird, steht heute nicht fest. Er ist 31 Jahre alt und steht bei D/A bis Sommer 2026 unter Vertrag. Dann ist er 33 und erreicht wahrscheinlich so langsam seinen sportlichen Zenit.

Aber die Indizien sprechen dafür, dass Göttel mit seiner Familie in dem gemütlichen Haus direkt hinterm Deich bei Stade bleiben wird. Ein halbes Jahr lang hatten die Göttels danach gesucht. „Irgendwann reicht es mit der Umzieherei“, sagt Göttel. Sohn Marlon soll später auch nicht ständig die Schule wechseln.

Moritz Göttel hatte schon immer einen Plan, die Familie gilt dabei als eine Säule, die berufliche Karriere als die andere. Obwohl Göttel kurz vor dem Sprung in den Profikader eines Bundesligisten stand, dachte er realistisch. „Du musst nebenbei etwas auf die Beine stellen.“

Nicht schlecht für einen Fußballer, der 13 Jahre lang allein mit dem Fußball seine Familie ernähren konnte. Und vor allem die ziemlich reife Ansicht eines Mannes, der schon an der Seite von großen Stars Tore erzielte und dessen Traum von einer Profikarriere in jungen Jahren durchaus optimistisch, aber nicht unrealistisch war.

Trikot von Torjäger Grafite im Wohnzimmer

Im Dress der Wolfsburger U17 gewann der gebürtige Braunschweiger die Torjägerkanone in der Jugend-Bundesliga. Das Trikot des in Wolfsburg zur Tormaschine avancierten Brasilianers Grafite hängt heute hinter Glas in Göttels Wohnzimmer.

„Danach lief es bei Borussia Mönchengladbach wie geschmiert“, sagt Göttel. In einem Testspiel der ersten Mannschaft durfte Göttel an der Seite von Stars wie Dante und Marco Reus kicken und erzielte sogar ein Tor. Der damalige Gladbacher Trainer Lucien Favre holte Göttel für einige Trainingseinheiten in den Bundesligakader.

Weil Göttel damals noch keinen Führerschein hatte, fuhr ihn der heutige Nationaltorwart Marc-André ter Stegen mit seinem VW Scirocco nach Hause. Das waren besondere Erlebnisse.

Göttel erlebte beim VfL Bochum Trainer wie Dariusz Wosz, Dimitrios Grammozis, Thomas Reis und Peter Neururer. Er macht Neururer keinen Vorwurf, dass er im Abstiegskampf nicht auf ein Talent aus der zweiten Mannschaft setzte.

Vielleicht habe ihm, Göttel, auch die Geduld gefehlt, bei den Proficlubs auf die einmalige Chance zu warten. Über Dritt- und Viertligisten führte ihn seine Reise letztendlich nach Drochtersen.

Göttels Verpflichtung ein Missverständnis?

Bei D/A unkten schnell die ersten, ob Göttels Verpflichtung nicht ein Missverständnis gewesen sein könnte. Von seinen Torjägerqualitäten aus Hildesheimer Zeiten blieb augenscheinlich nicht viel übrig. „Ich habe vorne nicht geliefert“, sagt Göttel. Seinen ersten Treffer erzielte der Mittelstürmer erst am neunten Spieltag.

In den letzten 15 Spielen knipste Göttel dafür elf Mal. „Wir haben uns aus der Misere herausgearbeitet“, sagt Göttel. D/A spiele jetzt vorne eklig und hinten eklig. „Ich würde auch nicht gerne gegen uns spielen wollen.“

Die schlechte Phase am Anfang der Saison hakt Göttel ab. Die Was-wäre-wenn-Frage stellte sich für Göttel nicht. „Meppen war unser erster Spieltag.“ Er meint das Pokal-Halbfinale, in dem er und Maximilian Geißen in der Nachspielzeit zum 2:2 ausglichen, D/A aber unglücklich im Elfmeterschießen ausschied. Seit diesem Tag verlor D/A nur eines von 19 Spielen unter Neu-Trainer Oliver Ioannou.

Als Drittligist die Traditionsvereine ärgern

Fußball spielen will Göttel solange, wie er „interessant ist für die Leute“, solange er gebraucht werde, solange er begehrt sei und vor allem solange er seinem eigenen Anspruch gerecht werde. Der Spaß am Fußball und das Feiern der Siege mit den Jungs treiben ihn an.

Vielleicht auch das „insgeheime Ziel, irgendwann mal oben anzuklopfen“. Göttel wäre gern dabei, wenn D/A „das Abenteuer 3. Liga“ mitnehmen könnte. Er würde gern „mit D/A quer durch Deutschland fahren, um Traditionsvereine zu ärgern“. Sportlich sei das realistisch.

Doch wie tickt der Moritz Göttel, der sich neben dem Fußball eine Existenz aufbaut, um, wie er es sagt, den Luxus zu haben, das zu tun, worauf er Lust hat? Dieser Moritz Göttel muss ziemlich selbstbewusst sein, wenn er kurz nach seiner Verpflichtung in Drochtersen den Vereinsverantwortlichen erzählt hat, dass die Tore im Kehdinger Stadion „nicht so toll“ sind. Die Konstruktionen veraltet.

Göttel kennt sich aus mit Torrahmen und Maschenweiten der Netze. Er arbeitete während seiner Hildesheimer Zeit bei einem Unternehmen, das Tore produziert. Jetzt nutzt er seine alten Kontakte und vertreibt Sportplatzausstattungen. D/A wurde zum Kunden seines eigenen Mittelstürmers. Seit dieser Saison leuchten sogar die Tornetze in den blau-roten Vereinsfarben.

Ausbildung in der Gladbacher Geschäftsstelle

Als Göttel für Gladbach kickte, ließ er sich in der Geschäftsstelle des Bundesligisten parallel zum Kaufmann für Bürokommunikation ausbilden. Heute arbeitet er halbtags bei einem Sponsor im Nachbardorf. Im Büro des Abrissunternehmens Wist in Barnkrug hilft Göttel bei der Planung. Das hilft ihm auch sportlich. „Die Arbeit und der geregelte Ablauf haben dazu beigetragen, dass es aktuell ganz gut läuft“, sagt Göttel.

Moritz Göttel hat sich immer schon Gedanken gemacht. Er weiß, dass er mit dem Geld aus dem Fußball nicht bis zum Ende seines Lebens leben kann.

Endstation Drochtersen? Für Göttels Karriere als Leistungssportler gilt das vielleicht. Und die Region als Lebensmittelpunkt hat er sich gemeinsam mit seiner Familie ausgesucht. „Heimat ist es jetzt schon, unabhängig von D/A“, sagt Göttel. Er mag die lebenswerte Ruhe. Wie die Hühner vor dem Haus picken, den Deich und die Elbe dahinter. Wenn er was erleben möchte, setzt er sich ins Auto und fährt in die große Stadt.

Heimspiel gegen BW Lohne

Die SV Drochtersen/Assel trifft am Freitagabend, 26. April, 19.30 Uhr, im Kehdinger Stadion auf BW Lohne. D/A belegt nach 15 ungeschlagenen Spielen in Serie Rang vier in der Regionalligatabelle. BW Lohne ist Elfter. Im Hinspiel trennten sich beide Teams 0:0-Unentschieden.

Quelle: Stader Tageblatt


Ein Club mit Tradition!
Über 40 Jahre SV Drochtersen/Assel
Kontaktdaten

© SV Drochtersen/Assel e. V. Alle Rechte vorbehalten.